Gerade jetzt wo es wieder auf den Winter zugeht, sind Atemwegserkrankungen beim Pferd wieder das Thema.

Hustendes PferdJedoch kann man diese Krankheiten relativ leicht verhindern, wenn man weiss, was man tut. Gerade da ist das Problem:

Beinahe 1.200.000 Freizeitreiter besitzen bundesweit ca. 1.000.000 Freizeitpferde, die in Reitställen und Pferdepensionen untergebracht werden (Quelle: FN).

Gerade mal 2% der Pferdebesitzer und gerade mal ein Drittel aller Reitstallbesitzer verfügen über eine solide Ausbildung für eine art- und sachgerechte Pferdehaltung. Zwar verfügt die FN über ca. 736.000 Mitglieder, dennoch sind gerade einmal 10% aller Freizeitreiter in Vereinen organisiert oder nehmen an Schulungen teil.

Kein Wunder, dass bei soviel Unwissen die Tierärzte nicht arbeitslos werden.

 

42,4 % aller Pferdeerkrankungen betreffen die Erkrankungen der Atemwege (Quelle: KORRIES: Bewertung unter dem Aspekt der Tiergerechtheit, bei Trennung in verschiedene Nutzungsgruppen und Beachtung haltungsbedingter
Schäden )

Die Aufgabe der Atmung ist die Versorgung der Zellen mit Sauerstoff und die Ausscheidung von Kohlendioxid. Sauerstoff benötigt der Organismus zur Verbrennung von Nährstoffen im Prozess der Energiegewinnung in den Zellen. Kohlendioxid
entsteht neben Wasser als Endprodukt der energieliefernden Verbrennungsvorgänge und wird von den Zellen abgegeben.

Wie beim Menschen unterscheidet man auch bei Pferden eine „innere Atmung", die den Gesamtaustausch in den Geweben betrifft, von der „äußeren Atmung", die in der Lunge stattfindet und bei der der Gaswechsel zwischen Blut und Außenluft vor sich geht (Quelle: LAUNER, P., MILL, J., RICHTER, W.: Krankheiten der Reitpferde. Ulmer, Münster, 1992 ).

Das Blut bildet das Transportsystem, damit besteht ein direkter Einfluss auf die Prozesse der Energiegewinnung. Erkrankungen im Bereich der Atmungsorgane können zu Leistungseinschränkungen führen. Die der äußeren Atmung dienenden Organe sind Nase, Kehlkopf, Luftröhre und Lunge. Neben einfachen Katarrhen („Nasenschleimhautentzündung") können auch Luftsack- und Kehlkopfentzündungen, sowie das belastungsinduzierte Lungenbluten auftreten. Besondere Bedeutung beim Pferd haben aber wohl die akute und diechronisch-obstruktive Bronchitis. Hiervon muss noch die Lungenentzündung als akut oder chronisch verlaufende Erkrankung des Lungengewebes im engeren Sinne abgegrenzt werden (Quelle: LAUNER aaO )

Affektionen der Atmungsorgane sind neben den Koliken beim Pferd die häufigsten inneren Erkrankungen (Quelle:VERTER; W., HAMANN; J., MAYR, A.: Krankheiten der Atmungsorgane. In: Dietz, O.; Huskamp, B.: Handbuch Pferdepraxis. Enke Verlag, Stuttgart, 1999, 313-359 ).

Die chronischen Bronchitiden des Pferdes gehören zu den sogenannten Domestikationskrankheiten, in freier Wildbahn treten sie nicht auf (LAUNER et al.,1992), da das Pferd optimale Bedingungen nur im Freien findet (PIOTROWSKI, 1992). Als pathogenetische Ursache wird eine Allergie diskutiert. Diese kann durch eine Infektion ausgelöst werden, wenn aus zerfallenden Bakterien und Leukozyten Eiweißsubstanzen frei werden und eine allergische Reaktionsbereitschaft (Sensibilisierung) bedingen. Dann können andere Umweltantigene (Staub, Pollen, Pilzsporen) die Allergie auslösen. Stallhaltung und ständige Staubentwicklung, besonders in schlecht belüfteten Ställen, fördern die Krankheitsentstehung (LAUNER et al., 1992). Es bestehen zwar Hinweise darauf, dass die manifeste allergiebedingte Lungenerkrankung an eine genetisch fixierte Disposition gebunden ist, sichere Beweise für diese Hypothese stehen aber noch aus (GERBER, 1982).

Pferdeställe beherbergen eine Reihe von Schadfaktoren, die die Gesundheit sowohl der Tiere als auch der Menschen beeinträchtigen können. Eine zentrale Bedeutung bei der Entwicklung der equinen Pneumopathien wird Bioaerosolen in Pferdehaltungen
zugeschrieben. Diese Bioaerosole entstehen aus Staubmilben, Pflanzenteilen, gasförmigen Substanzen, Viren, Bakterien einschließlich Aktinomyzeten und Pilzen (VISSIENNON, T., BERGMANN, A., HENNING, T.: Potentielle Schadfaktoren in Pferdeställen. Amtstierärztlicher Dienst und Lebensmittelkontrolle, 6 : 4, 1999, 311-314 ).

Entzündungen der unteren und oberen Atemwege bei jüngeren Pferden sind in Abgrenzung zur Weidehaltung mit der Aufstallung verbunden, dies ist vor allem auf den hohen Staubgehalt in der Stallluft zurückzuführen (HOLCOMBE, S., JACKSON, C., GERBER, V., JEFCOAT, A., BERNEY, C., EBERHARDT, S., ROBINSON, N.E.: Stabling is associated with airway inflammation in young Arabian Horses. Equine Veterinary Journal, 33:3, 2001, 244-249 ).

Zu diesem Thema hat das Bundesministerium LEITLINIEN FÜR DIE BEURTEILUNG VON PFERDEHALTUNGEN UNTER TIERSCHUTZGESICHTPUNKTEN am 9.7.2009 erlassen.

Dort heißt es:

3.3. Stallklima und Lichtverhältnisse
Als ehemaliges Steppentier hat das Pferd einen hohen Licht- und Frischluftbedarf. Seine großen, leistungsstarken Lungen sind auf eine ausgiebige Frischluftversorgung angewiesen, um gesund und funktionsfähig zu bleiben. Unabhängig von der Rasse verfügen Pferde angeborenermaßen über hervorragende Mechanismen (Thermoregulation), um sich der Umgebungstemperatur anzupassen. Bei entsprechender Gewöhnung vertragen Pferde ohne Probleme Hitze und Kälte sowie größere Temperaturschwankungen.
Pferdeställe sollen deshalb so gebaut, betrieben und belüftet werden, dass eine der Außenluft entsprechende Qualität angestrebt wird. Das bedeutet, dass im Stall eine ausreichende Frischluftversorgung und angemessene Luftzirkulation sicherzustellen ist und Staub- sowie Keimgehalt, relative Luftfeuchtigkeit und Schadgaskonzentrationen in einem Bereich gehalten werden, der für die Pferdegesundheit unbedenklich ist. Dies wird durch eine geeignete Lüftung, Pflege der Einstreu sowie Vorlage von staub- und keimarmen Einstreu- und Futtermitteln erreicht. Staubintensive Arbeitsprozesse sollten in Anwesenheit der Pferde vermieden werden. Nur qualitativ unbedenkliches Raufutter darf Verwendung finden (vgl. 3.2 sowie 2.1.4).

Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich vorwiegend auf geschlossene Stallgebäude aber auch auf andere Ställe können die Anforderungen sinngemäß übertragen werden. Bei korrekt angelegten Außenklimaställen ist eine ausreichende Frischluftzufuhr regelmäßig gewährleistet.

Die Stalltemperatur soll der Außentemperatur im Tages- und Jahresrhythmus unter Vermeidung von Extremwerten folgen. Die Beibehaltung einer konstanten Stalltemperatur ist von Nachteil, da die Thermoregulation nicht trainiert wird. Pferde, die in Offenstall- oder Freilandhaltung wechseln sowie Pferde, die an hiesige Klimaverhältnisse nicht angepasst sind, müssen ihre Thermoregulation, bevor sie diesen Klimaverhältnissen ständig ausgesetzt sind, in ausreichendem Maße trainieren können.

Die optimale relative Luftfeuchtigkeit im Stall beträgt 60 – 80 %. Eine andauernde Luftfeuchtigkeit von über 80 % ist zu vermeiden, sofern die Außenklimabedingungen dies zulassen, da Bakterien, Schimmelpilze und Parasiten im feuchten Milieu ideale Vermehrungsbedingungen finden. Zudem wird die Möglichkeit der Pferde, ihre Körpertemperatur durch Schwitzen zu regulieren, eingeschränkt.
Durch einen ausreichenden Luftaustausch müssen Wasserdampf, Schadgase, Staub und Keime ab- sowie Frischluft zugeführt werden. Als Richtwert kann eine Luftgeschwindigkeit von mindestens 0,2 m/s angesehen werden. Dabei erhöhen hohe Luftgeschwindigkeiten die Wärmeabgabe der Tiere und sind daher bei hohen Temperaturen wünschenswert. Ganz- oder großflächig auf den Körper auftreffende Luftströmung ist für das Pferd keine Zugluft auch wenn sie vom Menschen als solche empfunden wird. Eine angepasste Luftströmung kann die Thermoregulation der Pferde unterstützen und sich positiv auf ihre Gesundheit auswirken.

Die Kohlendioxidkonzentration (CO2) sollte im Pferdestall unter 1000 ppm (0,10 Volumen %) liegen. Ein erhöhter CO2 – Gehalt weist auf eine ungenügende Lüftung des Stalles hin und kann mit erhöhten Konzentrationen anderer unerwünschter Substanzen (z. B. Bakterien, Staub) verbunden sein. Ammoniak (NH3), der hinsichtlich Atemwegserkrankungen und Strahlfäule von Bedeutung ist, ist das wichtigste Schadgas im Pferdestall. Es entsteht durch die mikrobielle Zersetzung
von Kot und Harn. Die Ammoniakkonzentration darf 10 ppm nur kurzfristig und ausnahmsweise überschreiten. Durch entsprechende Einstreupflege und ausreichenden Luftaustausch sind erhöhte Konzentrationen zu verhindern.
Schwefelwasserstoff (H2S) kommt im Pferdestall normalerweise nicht vor. Werden Spuren ( 0,2 ppm) nachgewiesen, ist dies ein Hinweis auf extrem unhygienische Zustände.

Das natürliche Spektrum des Sonnenlichtes hat starken Einfluss auf das Tierverhalten sowie auf den gesamten Stoffwechsel, wodurch Widerstandskraft, Leistungsfähigkeit und Fruchtbarkeit positiv beeinflusst werden. Deshalb sollen sich Pferde täglich im natürlichen Licht aufhalten können (Auslauf, Außenklappen etc.). Handelsübliche Lichtquellen können das natürliche Spektrum des Sonnenlichts nicht ersetzen.

Die Fensterfläche soll sich auf mindestens 1/20 der Stallfläche belaufen und bei Verschattung entsprechend größer sein.

Unter Zugluft versteht man einen Luftstrom, der kälter als die Umgebungstemperatur ist, im Vergleich zur herrschenden Luftbewegung eine hohe Luftgeschwindigkeit hat und nur partiell auf Körperteile auftrifft. Es kommt dadurch zu einem kleinflächigen Kältereiz, der von der Thermoregulation unbeantwortet bleibt. Demgegenüber spricht man von bewegter Luft (Wind), wenn die Temperatur des Luftstroms in etwa der Umgebungstemperatur entspricht. Der Luftstrom trifft dabei auf große Teile der Körperoberfläche. Entsprechend kommt es zu einem großflächigen Kältereiz, auf den die Thermoregulation reagiert.