Es gibt sehr viele Theorien über die richtige Ernährung für Pferde. Viele von diesen Theorien vertreten die Meinung, dass die Fütterung der Pferde abhängig von Rasse und Haltung zu gestalten ist. Man geht oft davon aus, dass es keine Diät gibt, die für alle Pferde geeignet ist. Ein Blick in die Natur lehrt uns etwas anderes. Es gibt eine Fütterung, die für alle Pferde gleichermaßen geeignet ist und dass ist in erster Linie die Weide. Das wichtigste in einer gesunden Pferdefütterung ist das Raufutter und das wichtigste Raufutter ist auf der Weide.
Größtenteils besteht eine gute Weide aus verschiedenen Gräsern, aber auch Kräuter, Büsche und Bäume zeichnen eine gute Pferdeweide aus.
Insbesondere in Deutschland hält sich hartnäckig der Irrglaube, dass man die Pferde in ihrer Futteraufnahme kontrollieren oder gar begrenzen soll. Die Deutschen haben den Ruf gewissenhaft und genau zu sein, es gibt sogar Pferdebesitzer, die das Futter nach genauen Tabellen abwiegen und die Pferde werden nach bestimmten Kalkulationen ernährt. Dieses von dem Mensch erfundenes Konzept ist der Gesundheit der Pferde keinesfalls dienlich. Das Spezies Pferd (die Rasse spielt also keine Rolle) nimmt die gleiche Nahrung zu sich, aber wie viel davon jedes einzelne braucht, das weiß nur das Pferd allein. Wenn wir unsere Pferde gesund wissen
möchten, dann müssen wir uns an die Natur orientieren und wir sollten uns bewusst machen, dass die Pferde, wenn sie eine geeignete Fläche zur Verfügung haben, sehr gut ohne uns zurecht kommen. Unsere Aufgabe sollte daher sein, den Pferden einen geeigneten Lebensraum zu bieten und uns bewusst zu machen, dass das Grasen lebenswichtig für die Pferde ist.
Ein uneingeschränkter Zugang zur Weide sollte für jedes Pferd eine Selbstverständlichkeit sein. Eine artenreiche Pferdeweide ist Prophylaxe und Therapie zugleich. Da den Pferdehaltern oft bereits angelegte Weiden zur Verfügung stehen (meist für die Rinderhaltung gepflanzt), haben Menschen dementsprechend Angst von Koliken, Hufrehe oder anderen Krankheiten, die in dem
Zusammenhang mit überzüchtetem Gras erwähnt werden. Es ist wichtig zu verstehen, dass die Pferde auch diese Weiden problemlos vertragen können, wenn sie sich ganzjährig darauf aufhalten würden und das Heu zur ständigen Verfügung haben. Im Laufe der Zeit kann jede Wiese für die Pferde aufgewertet werden. Eine gezielte Nachsaat der fehlenden Gräser und Kräuter sollte (bei einer kleinen Fläche auf der sich die Natur nicht selbst regulieren kann) regelmäßig erfolgen. Regelmäßige Zufuhr von Humus aus gutem Kompost (aus Pferdemist und Heuresten) helfen den Wiesen sich gut zu halten. Wenn die Wiese übersäuert ist, dann kann man mit Kalkung nachhelfen. Überdüngten Rinderweiden sollte man hingegen keinen weiteren Stickstoff zuführen. Wenn man die Weide nicht einschätzen kann, dann ist eine Bodenprobe sinnvoll. Wenn man genügend Fläche zur Verfügung hat, dann bräuchte man gar nichts zu tun, denn die Natur würde die Vegetation regulieren. Jedes Jahr würde die Weide dann andere Pflanzen wachsen lassen, die für das Gleichgewicht des Bodens nützlich sind. Aufs Mähen sollte man möglichst verzichten damit sich die Wiesengräser mit der Zeit verändern können und für die Pferde bekömmlicher werden. Nur bei einer zu kleinen Fläche, an dem die von dem Pferd verschmähten Pflanzen überhand zu gewinnen drohen, sollte rechtzeitig gemäht werden, um die Vermehrung einzudämmen. Es ist wichtig zu verstehen, dass nicht diese Pflanzen ein Problem darstellen (die Natur lässt nichts ohne Grund wachsen), sondern zu kleine Fläche, die den Pferden in diesem Fall zur Verfügung steht.
Eine vollwertige Pferdeweide sollte eine große Bandbreite von Gräsern, Leguminosen und Kräuter aufweisen damit die Pferde gesund bleiben können und genügend Nährstoffe bekommen.
Wichtige Obergräser: Knaulgras (Dactylis glomerata), Wolliges Honiggras (Holcus lanatus), Wiesenlieschgras (Phleum pratense), Wiesenschwingel (Festuca pratensis), Wiesenfuchsschwanz (Alopecurus pratensis).
Wichtige Untergräser: Weidelgras (Lolium), Kammgras (Cynosurus cristatus), Wiesenrispengras (Poa pratensis), Straußgras (Agrostis capillaris), Rotschwingel (Poaceae, Festuca).
Leguminosen: Luzerne (Medicago sativa), Bockshornklee (Trigonella foenum-graecum), Bastardklee (Trifolium hybidum), Weißklee (Trifolium repens) und Wiesenrotklee (Trifolium pratense).
Kräuter: Löwenzahn (Taraxacum officinale), Gänseblümchen (Bellis perennis), Beinwell (Symphytum officinalis), Schafgarbe (Achillea millefolium), Eibisch (Althaea officinalis), Spitzwegerich (Plantago lanceolata), Mariendistel (Silybum marianum), Kamille (Matricaria
chamomilla),Melisse (Melissa officinalis), Ringelblume (Calendual officinalis), Beifuß (Artemisia vulgaris), Pfefferminze (Mentha piperita), Weise Taubnessel (Lamium album), Salbei (Salvia officinalis), Huflattich (Tussilago farfara), Vogel-Sternmiee (Stellaria media), Echtes Mädesüß (Filipendula ulmaria), Acker-Schachtelhalm (Equisetum arvense), Große Bibernelle (Pimpinella major), Sonnenblume (Helianthus spec.).
Bäume: Weide (Salix), Birke (Betulaceae), Linde (Tilia spec.), Ahorn (Acer), Erle (Alnus), Ess-Kastanie (Castanea saliva), Esche (Fraxinus), Wallnuss (Juglans regia), Lärche (Larix), Pappel (Papulus spec.), Wildkirsche (Prunus avium), Kirsche (Prunus avium), Pflaumen (Prunus domestica), Wildbirne (Pyrus pyraster), Eberesche (Sorbus aucuparia), Ulme (Ulmus), Apfel (Malus), Maulbeere (Morus), Birne (Pyrus) , Aprikosen (Prunis armeniaca).
Busch/Strauch: Schwarzfrüchtige Apfelbeere (Aronia melonocarpa), Haselnuss (Corylus avellana), Ölweide (Eleagnus), Faulbaum (Frangula alnus), Sanddorn (Hippophea rhamnoides), Schlehe (Prunus spinosa), Pupur-Weide (Salix purpurea), Johanisbeere (Ribes), Himbeere (Rubus idaeus), Brombeere (Rubus fruticosus).
Obergräser werden durch Heugewinnung und Untergräser durch Weidennutzung gestärkt. Man kann auch Hafer und Luzerne auf die Weide zwischen dem Gras säen, das empfiehlt sich für die Wiesen, die fürs Heugewinnung gedacht sind. Das gibt besonderes wertvolles Heu, das die Pferde mit Begeisterung essen. Wenn man nicht genügend Platzt hat, dann kann man einen Kräuterstreifen neben der Weide säen. Wenn die Pferde ab und zu Zugang zu dem bekommen, nehmen sie die wertvollen Nähr- und Medizinstoffe zu sich und die Kräuter gedeihen so besser als im Gras auf einer zu kleinen Fläche.
Verfügung steht, dann sollte man überlegen ob man die Pferdehaltung aus Tierschutzgründen und im Sinne der Tiere lieber aufgeben sollte.
Wildpferde Bosnien und Herzegowina
Weide liefert auch das Heu, welches für das Pferd das wichtigste Raufutter im Winter ist. Der Pferdekörper braucht dieses Raufutter, welches in Cecum (einem Teil des Darms) verdaut wird und welche die Wärme für den Pferdekörper produziert. Das ist sehr wichtig für die Thermoregulation. Die Pferde verbrennen das Heu um sich warm zu halten. Das Luzernerheu ist leicht abführend, reich an gutem Protein und Vitaminen und sehr gut verdaulich. Je mehr Gräser und Kräuter im Heu vorhanden sind, desto bessere Qualität hat es. Das Heu sollte trocken, herrlich duftend und staubfrei sein. Heulage und Silage sind als Nahrung für die Pferde (und auch Kühe) ungeeignet.
Genauso, wie das Pferd im Winter bestimmte Stoffe aus dem Heu braucht, braucht es im Frühjahr unbedingt das Gras und andere Pflanzen auf der Weide. Und zwar sollte das Pferd so grasen können wie das Gras und die Pflanzen wachsen. Nicht nur, dass es wichtige Nährstoffe sondern auch wichtige Informationen für die Umstellung auf die neue Jahreszeit aus dem Gras bekommt. Am liebsten grasen die Pferde direkt nach Sonnenaufgang und am Abend vor Sonnenuntergang. Im Sommer ist es wichtig, dass die Pferde nachts grasen können, sie bevorzugen die kühle Nachtluft ohne lästige Insekten.
AL Zentrum Akazienhof, Ungarn, Frühling
Die Pferde brauchen unbedingt die Weide um bestimmte Nährstoffe aufnehmen zu können, die sie ansonsten nirgends bekommen können. Frisches Gras ist eine Quelle an Vitaminen, reich an Vitamin A, E und Beta-Carotin. Diese Vitamine sind dann im Heu wenig oder gar nicht vorhanden, denn durch die Trocknung gehen sie verloren. Ein Vitamin A Mangel kann sich dadurch zeigen, dass der Hufhorn schlecht ist, die Beugesehne empfindlich ist oder Lahmheiten auftreten. Künstliche Vitamine können nicht die Natürlichen ersetzen. Pferde können auch ohne Weide leben, aber die Auswirkungen sind für ihr Körper und Psyche verheerend, umso mehr weil sie nicht sofort sichtbar sind, sondern sich im Laufe der Jahre durch die Krankheiten zeigen. Die psychische Komponente des Grasens ist sehr hoch einzustufen. Die Pferde kommen beim Grasen zu einer tiefen Ruhe. Den Kopf zum grasen zu senken und eine Fülle an Nahrung zu finden ist ihr Urinstinkt. Mit den beweglichen Lippen die Pflanzen zu sortieren, die zu finden und zu essen, die sie brauchen - bedeutet eine innige Verbindung zur Natur und Vertrauen in sich selbst. Von ihrer Herde umgeben zu sein, die Sicherheit des SEINS zu spüren, ein Pferd sein zu dürfen – das alles ist mit der Weide und mit dem Grasen tief verbunden. Wenn man die Pferde
beim Grasen erlebt, dann fühlt man – es ist ihr Ur-Bedürfnis. Und es in unserer Verantwortung ihnen solche Lebensbedingungen zu ermöglichen, die ihre essenzielle Bedürfnisse berücksichtigen.
Quelle: Bilder/Text: Maksida Vogt (www.academialiberti.de)