Mineralbar für PferdeIch werde in letzter Zeit immer wieder mit den "natürlichen" Mineralbars für Pferde konfrontiert, welche mir die Pferdebesitzer mehr oder weniger stolz präsentieren.

Unter Mineralbars versteht man eine Ansammlung von Eimern oder sonstigen Behältnissen, in denen angeblich "natürliche" Quellen für die Mineralstoffversorgung der Pferde untergebracht sind. Diese umfassen meist: Calcium und Magnesium über Dolomitkalk, Schwefel als Schwefelstein, Kupfersulfat (an Lavastein), Seealgen,Tonerde, Steinsalzbrocken und Waldboden. 

 

Ist wirklich hübsch anzusehen, auch die Farben sind sehr dekorativ - aber was bringt das dem Pferd wirklich? Dahinter steckt der weitverbreitete Irrglaube, dass Pferde schon selbst wissen, was sie brauchen und sich das auch selbst einteilen können. Solche Behauptungen werden von verschiedenen Seiten propagiert und entbehren meist jeglicher Grundlage.

Hier nun eine detaillierte Bewertung der einzelnen Komponenten und deren tatsächlichen Nutzen für das Pferd:

  • Dolomitstein zur Ergänzung von Calcium und Magnesium: Calcium ist meist in ausreichender Menge und in einigen Gebieten (bei Vorkommen von Goldhafer) sogar im Überfluss im Heu enthalten. Es ist jedoch auf eine Calcium- und Phosphathomöostase zu achten, das heisst, das Verhältnis von Calcium und Phosphor muss korrekt sein. Allerdings habe ich in keiner mir bisher vorgestellten Mineralbar Phosphor entdeckt.

    Calcium ist immer der Gegenpart zu Phosphor. Denn zu viel Phosphor im Futter kann einen Mangel an Calcium hervorrufen. Das ideale Verhältnis von Calcium zu Phosphor liegt zwischen 1 : 1 und maximal 3:1 (pferdundfutter.de, 2014)“. Phosphor spielt eine wichtige Rolle in allen lebenden Organismen. Es stellt einen essentiellen Bestandteil der Nährstoffe für Pflanzen und Tiere dar. Phosphor hat eine Schlüsselstellung bei der Zellverbrennung und der gesamten Energieübertragung. Es ist außerdem ein Baustein der Zellwände, der DNA und einiger Eiweiße und Enzyme. Eine Überversorgung mit Calcium hingegen belastet nicht nur die Nieren des Pferdes, sondern kann auch die Absorption einiger Spurenelemente wie Zink, Mangan und Eisen verringern. Alles Spurenelemente, die ebenfalls in keiner Mineralbar zu finden waren.

  • Schwefelstein: Schwefel ist ein Bestandteil von Aminosäuren. Wird ein Pferd also genügend mit Eiweiß (ein biologisches Makromolekül, das aus Aminosäuren durch Peptidbindungen aufgebaut ist) versorgt, dann kommt es auch kaum zu einem Mangel an Schwefel. Schwefel kommt in wichtigen pflanzlichen Geweben vor, wie z.B. in Samen und Zellflüssigkeit, im Wasserhaushalt der Pflanze und im Boden. 
  • Kupfersulfat: Kupfer wird vom Organismus der Pferde in deutlich geringerem Maß gebraucht als z.B. Zink, das aber in keiner Mineralbar vorhanden ist. Dennoch ist Kupfer von hoher Bedeutung für die Entwicklung und Leistungsbereitschaft von Pferden. Der Bedarf eines ausgewachsenen, 600 Kilogramm schweren Pferdes an Kupfer beträgt laut Professor Meyer, Pferdefütterung, 60 bis 90 Milligramm pro Tag (abhängig von der Trockensubstanzaufnahme). Das ist ein Wert, der erfahrungsgemäß sehr moderat angegeben ist und durch eine einfache Heu-Getreide-Fütterung natürlich nicht gedeckt werden kann. Der Kupferbedarf kann leider nicht durch besonders "kupferreiche" natürliche Futtermittel gedeckt werden. Selbst wenn Bierhefe 60 mg Kupfer pro Kilogramm enthält, wird der mit gesundem Menschenverstand ausgestattete Pferdebesitzer nicht den Fehler machen, seinem Pferd ein Kilo Bierhefe pro Tag zuzufüttern. Das gelegentliche Lecken an einem Kupfersulfat-Brocken kann diesen Bedarf bei weitem nicht decken. Zu diskutieren bleibt dann noch, ob die Bindungsform des Kupfers tatsächlich eine nahezu vollständige Resorption zulässt oder große Calcium –  oder Magnesiummengen die Kupferverfügbarkeit einschränken. Bei Zuchtstuten kann der Kupferbedarf auf 140mg pro Tag steigen! Diesem Bedarf ist durch ein spezielles Zuchtstutenfutter bzw. Mineralfutter Rechnung zu tragen, da dem Fohlen sonst die Bildung von Chips und anderen Gelenkserkrankungen nicht erspart bleibt. Luzerne ist im Übrigen ein guter Kupferlieferant.
  • Seealgen: Seealgen werden mittlerweile in jeglicher Form als natürliche Mineralquelle für Pferde angeboten. Nur sollte man sich die vorhandenen Mineral- und Spurenelemente, deren Bedarf man zu decken versucht, auch mal genauer ansehen. Algen enthalten Kohlenhydrate und Proteine, die sich aber nur teilweise verdauen lassen. Dadurch und auch wegen ihres geringen Fettgehalts haben Algen nur einen geringen quantitativen Nährwert. Sie enthalten einen Anteil an Mineralstoffen und Vitaminen. Aufgrund ihres teilweise sehr hohen Iodgehalts sollten Algen nur maßvoll angeboten werden, da es durchaus zu einer Überversorgung kommen kann. An tragende Stuten sollten Algen daher überhaupt nicht verfüttert werden. 

Hier eine Auswertung einer Spirulina Alge, die noch über den Nährwerten der meist verkauften Seealgen für Pferde liegt:

 

Calcium            644,0 mg/100 g 
Magnesium  920,0 mg/100 g
Mangan   4609,0 µg/100 g 
Eisen    20,0 mg/100 g
Phosphor   102,0 mg/100 g
Zink 10,1 mg/100 g
Kalium 1104,0 mg/100 g
Natrium 848,0 mg/100 g
Chlor  112,0 mg/100 g
Schwefel460,0 mg/100 g
Flour 920,0 µg/100 g
Jod 461,0 µg/100 g
Kupfer 1840,0 µg/100 g

Bei Durchsicht wird schnell klar, dass die Menge, die benötigt wird, um den Bedarf an Spurenelementen eines Pferdes zu decken, keineswegs erreicht werden kann.

  • Tonerde dient in keinem Fall der Mineralversorgung, eher das Gegenteil ist der Fall. Ob Tonerde nun gelb, grün oder rot ist: Es bleiben Tonminerale mit stark absorbierenden Eigenschaften. Es werden also eher Nährstoffe gebunden als zugeführt. Die enthaltenen Nährstoffe sind zudem in Form von Oxiden enthalten, die eine sehr geringe Bioverfügbarkeit haben und somit nur schlecht vom Organismus aufgenommen werden.
  • Steinsalzbrocken: das macht durchaus Sinn und sollte sowieso immer angeboten werden. Dass Pferde genügend mit Elektrolyten versorgt werden sollen, ist allerdings auch keine neue Erkenntnis. Heu bildet im Dickdarm im Übrigen auch ein großes Elektrolyt- und Wasserreservoir, auf das das Pferd zurückgreifen kann.
  • Waldboden: Waldboden kann gut sein, sofern es sich um guten, unbelasteten Waldboden handelt - den zu finden allerdings schwierig sein dürfte. Wenn sich ein Pferd über Waldboden hermacht, sollte der Status an Vitaminen der Gruppe B überprüft werden.

Fazit: Von den wirklich wichtigen Spurenelementen wie Zink, Selen und Mangan sind in Mineralbars nur kaum nennenswerte Mengen vorhanden. Immer davon ausgehend, dass die Pferde die Mineralbars überhaupt nutzen. Wenn sie diese nutzen, kann es zu Ungleichgewichten auf Grund der fehlenden Antagonisten kommen und bei manchen Elementen zu starkem Mangel sowie bei anderen zu Überdosierungen führen. Auch wenn immer beteuert wird, dass es zu keinen Imbalancen kommt, musste ich nun schon sehr oft das Gegenteil feststellen. Diese Imbalancen waren durch sichtbare Symptome, Blutuntersuchungen und den Metavital-Horse Eavet Scan festgestellt worden.

Die Mineralbars werden als so "natürlich" dargestellt. Aber wie ist es um diese Natürlichkeit bestellt? Wo in der Natur finden unsere Pferde Kupfersulfatsteine? Oder Schwefelblüte? Und ein Isländer mag vielleicht in seiner Heimat manchmal Seealgen finden. Aber ein Quarterhorse oder Haflinger? Diese Mineralbars beinhalten also nicht unbedingt Substanzen, die das Pferd natürlicherweise zu sich nehmen würde. Ich kann mir deshalb kaum vorstellen, dass Pferde einen Instinkt für solche teilweise reinen bzw. sehr hochdosierten Substanzen entwickelt haben oder entwickeln werden.

Sollten Sie also auch eine solche Mineralbar als Lösung zur Versorgung Ihres Pferdes mit Mikronährstoffen verwenden, empfehle ich Ihnen dringend eine Überprüfung der reellen Bedarfssituation - Sie werden überrascht sein!

 

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