Mir verschlägt es die Sprache, wenn ich jetzt so durch die Ställe gehe und die Pferde teilweise schon mit Winterdecken in den Boxen stehen sehe. Nachts werden die Fenster und Türen verrammelt. Ein Blick zum Thermometer verrät mir, dass die Aussentemperatur 9°C beträgt. Muss man das verstehen? Wollen viele Pferdehalter unbedingt kranke Pferde? Geschieht dies aus Unwissen ? Wenn ja, dann sollte dieser Artikel gelesen werden.
Pferde leiden nicht unter Wind und Wetter. Im Gegenteil: Sie lieben Regen, Kälte und Schnee.
Wir Menschen können es uns nur schwer vorstellen, dass es Tiere gibt, die Kälte lieben und nicht die Wärme, und die nicht frieren, wenn wir frieren.
Unsere Vorfahren sind aus dem warmen Afrika gekommen und gerieten in die Eiszeiten. Da braucht man Kleidung und Feuer zum Wärmen.
Bei Pferden aber (auch bei Hunden) ist das ganz anders. Sie sind Tiere der Eiszeit.
Das Eiszeitalter, das Pleistozän, begann vor etwa zweieinhalb Millionen Jahren. Lange Phasen wachsender Gletscher und extrem niedriger Temperaturen mit Tundren- und Kaltsteppenvegetation wechselten sich ab mit kurzen Warmzeitphasen. Vor 800 Tausend Jahren wanderten die Vorfahren unserer Pferde über die Behringstrasse nach Asien ein. Damals war das eine Landverbindung, denn der Meeresspiegel lag deutlich unter dem heutigen Niveau.
Sie wanderten entlang der gewaltigen Eispanzer, die weit ins Land reichten, breiteten sich über ganz Asien aus und kamen bis Europa.
Während der langen Eiszeiten gab es kurze, warme Sommer mit einer berauschenden Vielfalt an blühenden Pflanzen und reich an Früchten sowie lange, kalte Winter mit karger Nahrung, die die Pferde unter dem Schnee und Eis frei scharren mussten.
Seit Urzeiten bestimmen die Jahreszeiten den Lebensrhythmus der Pferde. Die Vegetation verändert sich ständig, vom Aufblühen über das Fruchten bis zur Winterruhe und mit ihr das Nahrungsangebot für die Pferde. In einem Millionen Jahre dauernden Anpassungsprozess wurden so die Pferde geformt. Immer noch erkennen wir das deutlich am zweimaligen Fellwechsel im Frühling und Herbst, aber auch an der Rosse und am Abfohlen zur richtigen Zeit.
In keiner Jahreszeit steht in einer vom Menschen ungestörten Natur soviel nahrhaftes Futter zur Verfügung wie im Herbst. Neben reifen Fruchtständen und Samenkapseln haben viele Kräuter noch einmal vitaminreiche Blätter getrieben und setzen späte Samen und Früchte an. Obstbäume und Beerensträucher tragen gehaltvolle Früchte, die den Pferden einen abwechslungsreichen, vielfältigen Speiseplan bieten, voller Vitalstoffe, Enzyme, Vitamine, Antioxidanzien, ätherischer Öle, Frucht-, Fettsäuren und vielem mehr.
Das abgefallene Laub diente früher als Futter und Einstreu. Das ist heute vergessen. Herbstlaub ist zuckerarm, aber reich an Mineralien und Antioxidanzien, ein ideales Futter, besonders für Pferde mit metabolischen Störungen wie EMS und Cushing.
Manche Fruchtstände und Beerenzweige werden mit den Zähnen komplett abgestreift oder abgerissen. Auch Falllaub, das Pferde gerne fressen, oder schwarze Walderde sind dicht von Tieren besiedelt (Insekten, Larven und Puppen, kleine Spinnen und anderes Getier wie z.B. Regenwürmer oder kleine Nackt- und Gehäuseschnecken).
Der Anteil an tierischem Eiweiß, speziell der Aminosäure Methionin (bei der Verstoffwechselung von überschüssigem Methionin wird der in der Substanz enthaltene Schwefel zu Schwefelsäure oxidiert und über die Nieren ausgeschieden, wodurch der Harn angesäuert wird. Der Mechanismus der Harnansäuerung kann bei einigen Erkrankungen die Heilung unterstützen), die u.a. so wichtig ist für die Hornbildung, ist nicht zu unterschätzen.
Quelle: Die Natur weiss den Weg (Pernaturam)