Pferde im Wachstum zu beschlagen bringt Probleme…
Warum laufen so viele Pferde ohne Eisen schlecht oder gar nicht? Das fragen sich viele Pferdehalter und Therapeuten. Der Grund ist häufig die mangelnde Entwicklung des jungen Hufs u.a. auch durch zu frühen Beschlag.
Nahezu jedes Fohlen wird mit gesunden Hufen geboren. Diese gesunden Hufe gilt es zu erhalten und ihr Wachstum und ihre Entwicklung zu fördern. Ein Fohlenhuf ist im höchsten Maß formbar – zum Guten wie zum Schlechten.
Die inneren Strukturen des Hufs wachsen, bis da Pferd erwachsen ist, d.h. bis das Pferd vollständig ausgewachsen ist (etwa im Alter von 7 Jahren). Das stärkste Wachstum der Hufe findet in den ersten beiden Lebensjahren statt.
Der amerikanische Veterinär Robert Bowker hat als Direktor des Equine Foot Laboratory am Michigan State University College umfassend den Pferdehuf erforscht. Eines seiner wichtigsten Ergebnisse ist, dass Pferde mit guten Hufen im Strahlpolsterbereich ihrer Hufe faserigen Knorpel entwickeln und zwar etwa im Alter von fünf Jahren .
Nicht nur Bowker ist davon überzeugt, dass die Umstände in den ersten Lebensjahren überaus wichtig für die Hufentwicklung sind. Damit sich die Hufe und damit auch der Rest des Bewegungsapparates gesund entwickeln, braucht es artgerechte Haltung mit viel Bewegung und eine bedarfsgerechte Fütterung. Neben Gesundheitsvorsorge gehört auch eine regelmäßige korrekte Hufpflege dazu.
Sieht man sich die Aufzuchtbedingungen an, wird schnell klar, dass in der Regel 2 Dinge fehlen:
- Hufpflege
- Bewegung
Junge Pferde benötigen viel freie Bewegungsmöglickkeit auf verschiedenen – vor allem nicht nur weichen – Böden. Um kräftige Hufe und einen gesunden Strahl auszubilden, braucht es auch harten Untergrund, auf welchem die Pferde nicht nur stehen, sondern sich auch ausreichend bewegen können. Dies beschrieb im Übrigen schon vor über 2300 Jahren der griechische Reiterführer Xenophon. Leider wird dies oft vernachlässigt.
Spätestens beim Anreiten stellt man fest, dass der Huf den geforderten Belastuungen nicht gewachsen ist. Das liegt zum Einen daran, dass seine Qualität nicht optimal ist und zum Anderen daran, dass zu viel und das Falsche verlangt wird. Ergo wird das 3-jährige Pferd beschlagen, das sich jedoch voll im Wachstum befindet.
Die Entwicklung der inneren Strukturen des Hufs zu diesem Zeitpunkt wird dadurch unterbrochen. Pferde die im Größenwachstum noch einiges vor sich haben, trifft es am härtesten. Besonders davon betroffen sind Westernpferde und auch Rennpferde, die schon 2-jährig oder noch jünger beschlagen werden.
Als Folge haben erwachsene Pferde viel zu kleine Hufe mit inneren Strukturen, die das Gewicht eines Heranwachsenden tragen konnten, nun aber völlig überfordert sind. Diese Pferde haben massive Probleme ohne Hufschutz zu laufen und sind lt. Bowker prädestiniert für Erkrankungen, wie z.B. das Hufrollen-Syndrom.
Wie also gegensteuern, wenn oft schon der Bereiter einen Beschlag verlangt?
Es gibt auch anderen Hufschutz, wie Hufschuhe oder einen Kunstoffbeschlag oder einen Kombinationsbeschlag wie Duplo, der den Hufmechanismus nicht so einengt. Beschlagsfreie Phasen sollten gerade beim jungen Pferd eingeplant werden. Am pferdegerechtesten wäre mit Sicherheit, die Arbeit dem Abrieb anzupassen und die jungen Pferde barhuf auf harten Böden im Schritt an die spätere Belastung zu gewöhnen.
Die gute Nachricht ist nämlich lt. Bowker, dass zumindest die Zellen, die faserige Knorpel für gute Hufqualität bilden können, jederzeit durch Stimulation aktiviert werden können.
Quelle: Tierisch geheilt Ausgabe 3/2010