Nachfolgend ein paar der meist gestellten Fragen zum Thema Narkolepsie

Was ist Narkolepsie genau beim Pferd?

Unter Narkolepsie versteht man in der Humanmedizin eine Hypersomnie zentralnervösen Ursprungs ohne Bezug zu schlafbezogenen Atmungsstörungen. Die Narkolepsie gehört zur Gruppe der Schlafsüchte. Ihr liegt eine Störung der Schlaf-Wach-Regulation zu Grunde. Im Volksmund wird die Erkrankung daher auch als „Schlafkrankheit“ oder „Schlummersucht“ bezeichnet. In der Veterinärmedizin ist dieses Phänomen bis dato nur sehr rudimentär beschrieben. Wirkliche Untersuchungen sind rar. Bei Pferden würde ich die Narkolepsie eher als eine Kataplexie bezeichnen. Als Kataplexie bezeichnet man den kurzzeitigen Verlust des Muskeltonus. Das Pferd kann sich demnach nicht mehr auf den Beinen halten und knickt meist kurzzeitig vorne ein. Verletzungen an den Vorderfußwurzelgelenken und/oder Karpalgelenken sind meist eindeutige Anzeichen eines solchen „Einbrechens“. Anders als beim Menschen, würde ich die Narkolepsie beim Pferd nicht als eine eigenständige Krankheit bezeichnen, sondern vielmehr als ein Symptom für eine andere Krankheit oder Störung des Orgnismus.

Wie äußert die Krankheit sich (Symptome)?

Die Narkolepsie äußert sich durch anfänglich leichtes Wanken, Straucheln, Stolpern und eine sehr tiefe Kopfhaltung des Pferdes. Ähnlich einer tiefen Entspannungshaltung. Die Pferde spreizen die Vorderbeine nach vorne weg und nähern sich immer mehr dem Boden. In der Endphase kommt es zum völligen Einknicken der Vorderbeine, bis zum kompletten Einsacken. Die Pferde rappeln sich meist wieder auf und das gleiche Spiel geht neherer Male von vorne los. Bei einer Narkolepsie mit Verlust des Muskeltonus (Kataplexie), fällt das Pferd förmlich in sich zusammen und stürzt komplett zu Boden.

Worauf ist die Krankheit zurückzuführen? Was ist der Auslöser?

Meiner Erfahrung nach kann die Narkolepsie beim Pferd die unterschiedlichsten Auslöser haben und wird daher zu einer diagnostischen Herausforderung. Haltung, Fütterung, Stress, oftmals Mangelzustände (Nährstoffmängel oder Vitaminmängel), aber auch bakterielle und virale Pathologien, wie Lyme-Borreliose oder Bornasche Krankheit (equinen BDV-Infektion) und toxische Belastungen, wie Mykotoxine oder auch Pflanzengifte. Bei älteren Pferden sollte auch das equine Cushing Syndrom (ECS) in Betracht gezogen werden.
Sehr häufig musste ich bisher Mangelzustände feststellen, die zum Entgleisen der verschiedensten Stoffwechselvorgänge und somit auch zu Veränderungen des Muskeltonus führen. Auch Borreliose und Borna sind häufige Auslöser, die meist bei einer Diagnostik in Betracht gezogen werden. Umstellung der Haltungsbedingungen kommen meiner Erfahrung nach erst an dritter Stelle. Wobei hier auch oftmals auf Grund vorgenannter Umstände die Stressrsistenz der Pferde deutlich eingeschränkt ist und somit die Haltungsbedingungen nur eingeschränkt als Auslöser einzustufen sind.

Kann man ihr vorbeugen?

Regelmäßige Kontrollen über verschiedene schulmedizinische oder naturheilkundliche Verfahren erlauben es z.B. frühzeitig Mangelzustände zu erkennen und entgegenzuwirken. Verletzungen am Fesselträger/Karpalgelenk sollten ernst genommen werden. Infektionskrankheiten vorzubeugen ist bei den infrage kommenden Pathologien nicht möglich. Eine Impfung gegen Borreliose existiert, muss jedoch beim jungen Pferd angewandt werden, welches nachweislich noch keinen Kontakt mit einer infizierten Zeck oder auch Stechmücke hatten. Die Bornasche Krankheit zeigt eine hohe Prävalenz. Sowohl die Bornaschen-Krankheit (BK) als auch die ausschließliche Infektion mit Borna-Disease-Virus (BDV) ist in Deutschland bei Pferden weitaus stärker verbreitet als bislang angenommen. Das ist das Ergebnis einer epidemiologischen Untersuchung. Die dazu durchgeführten serologischen Untersuchungen ergaben eine Infektionsprävalenz von 52 %, wovon die Hälfte entweder typisch oder atypisch erkrankte. Insgesamt sollte der Tierhalter bei den geringsten Anzeichen, schon aktiv werden. Je früher die Symptome erkannt werden, desto größer ist die Chance eine schnelle und auch dauerhafte Abhilfe zu schaffen.

Treten die Schübe wirklich nur in den Ruhephasen auf oder auch bei Aktivität/ beim Reiten? Können diese Pferde auch noch Turnier gehen?

Mir sind bisher noch keine Fälle bekannt, in denen ein Pferd in der Bewegung, als beim Reiten, eingeknickt ist. Was oftmals von den Pferdehaltern berichtet wurde, war eine verstärkte Tendenz zu Stolpern, was im schlimmsten Fall zum Sturz von Pferd und Reiter führen kann. Ich sehe keine Grund, warum ein Narkolepsie-Pferd nicht Turniere gehen könnte, es sei denn einen ethischen Grund. Man sollte sich überlegen mit einem offensichtlich kranken Pferd Turniere zu gehen. Auch was die für Turnierpferde üblichen Impfungen angeht, sollte Vorsicht geboten sein. Je nach Ursprung der Symptome sind Impfungen eher kontraindiziert.

Was ist für betroffene Pferde und ihre Besitzer zu beachten? Kann das Pferd normal geritten werden oder nur als Beisteller-Pferd gehalten werden?

Bei betroffenen Pferden sollte eine umfassende Diagnostik in Betracht gezogen werden. Sind die Schübe erst nach der Veränderung der Haltungsbedingungen (oftmals von Boxenhaltung in Gruppenhaltung, Offenstall), sollte dem Pferd die Möglichkeit ungestörter Ruhephasen eingeräumt werden, z.B. eine Box oder ein abgetrennter Teil mit ausreichend Einstreu. Dies sollte zumindest solange passieren, bis herausgefunden wurde, was als Auslöser der Anfälle angesehen werden kann. In der Regel können diese Pferde normal geritten werden. Man sollte sich jedoch stets bewusst sein, dass es sich um ein potentiell krankes Pferd handelt, welches gewisse Ausfallerscheinungen zeigen kann, wie z.B. vermehrtes Stolpern oder mangelnde bzw fehlende Ausdauer.

Ist eine Behandlung/Therapien möglich? Wie sieht sie aus? Kann man Symptome lindern?

Meiner Erfahrung nach ist die Narkolepsie gut in den Griff zu bekommen, wenn man einmal den Grund gefunden hat. Es gilt dann die Ursache zu behandeln. Sollte es sich „nur“ um Mangelzustände im Bereich von Mikronährstoffen oder Vitaminen handeln, dann sollten diese effizient behoben werden. Bei anderen Pathologien sollte entsprechend behandelt werden. Eine ganzheitliche Beurteilung des Patienten ist hier einmal mehr unbedingt wichtig. Symptomatische Behandlungsmethoden der Narkolepsie, wie z.B. Psychopharmaka bringen meiner Erfahrung nach keine zufriedenstellende bzw. anhaltende Besserungen.

Ein Pferd mit Narkolepsie kaufen – ja oder nein? Was raten Sie?

Ein Pferdekauf ist häufig eine Bauchentscheidung. Man hat sich in ein Pferd verliebt und will es haben. Man sollte sich nur darüber im Klaren sein, dass man sich bewusst eine „Baustelle“ anschafft. Dies bedeutet eine große Verantwortung dem Tier gegenüber und der Wille dem Pferd helfen zu wollen. Man sollte sich auch darüber im Klaren sein, dass Diagnostik und Therapie ihren Preis haben und man sollte auch bereit sein diesen Preis zu investieren. Wenn diese Faktoren stimmen, dann kann auch sehr viel Freude mit einem Pferd haben, das unter Narkolepsie leidet. Sucht man jedoch ein Pferd, um Turniere zu gehen und der Sport im Vordergrund stehen, dann tut man weder dem Pferd, noch sich selbst einen Gefallen, wenn man ein solches Pferd kauft.

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